Bienen sind faszinierende Tiere. Dass es zwischen Bienen und Imker dennoch nicht immer Liebe auf den ersten Blick sein muss, kann Wanderimker Ferdl Herburger nur bestätigen. Die Geschichte, wie er zu seinen Bienen kam, ist legendär. Dass er dabei geblieben ist, liegt daran, dass er die damit verbundene, unmittelbare Nähe zur Natur schätzen gelernt hat. Obwohl – oder gerade weil – diese nach ihren ganz eigenen Regeln spielt.
Nur ein Stück den Hügel hinauf ist es von Ferdl Herburgers ehemaligem Bauernhof in Sulzberg zu seinem Bienenhaus. Ein paar Schritte, mit denen wir gleich einen Sprung in die Vergangenheit wagen. 20 Jahre ist es her, dass Ferdl Herburger zu den Bienen gekommen ist – oder vielmehr die Bienen zu Ferdl. Dabei war der junge Landwirt damals alles andere als ein Bienenfreund. Auch sein Vater, mit dem er zu dieser Zeit gemeinsam auf dem Hof gearbeitet hat, mochte Bienen nicht besonders. „Josef Köss, ein befreundeter Imker hier in Sulzberg, wollte schon seit Jahren, dass mein Vater anfängt zu imkern. Der aber hat immer nur gesagt: ‚Wenn mir mal ein Schwarm zufliegt, dann fange ich an.‘ Natürlich in dem Glauben, dass das niemals passieren würde. Bis es dann eben doch passiert ist." Was uns heute zum Lachen bringt, muss damals ein recht beeindruckendes Schauspiel gewesen sein. Ferdl erinnert sich lebhaft: „Eines Tages ist es mitten am Nachmittag dunkel geworden. Wie eine riesige schwarze, summende Wolke ist der Bienenschwarm auf uns zugeflogen. Wir haben die Beine in die Hand genommen und sind gerannt.“ Nach einem „Notruf“ bei Josef Köss hat dieser den Schwarm eingefangen und mitgenommen. Damals dachte Ferdl, der Fall wäre damit für ihn erledigt – bis am nächsten Tag eine Kiste samt den Bienen vor der Tür stand. Und weil Ferdl keiner ist, der Tiere leiden lässt, hat er begonnen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Er hat Josef Löcher in den Bauch gefragt und gelesen, was er zum Thema Imkern finden konnte.

Während der Imker erzählt, zieht er einen Rahmen nach dem anderen aus den Bienenkästen, prüft die Futterwaben und lässt die Bienen dabei seelenruhig auf seinen Händen herumkrabbeln. Wenn man ihm dabei so zuschaut, kann man kaum glauben, dass das nicht schon immer so war. „Bei meinem ersten Fütterungsversuch habe ich mir einen Vorhang-Stor umgehängt und Handschuhe angezogen.
Dann habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen und ganz langsam die Kiste geöffnet“, beschreibt er die legendäre Szene, von der es leider keine Fotos gibt. „Ich hatte keine Ahnung, dass die Kiste so gebaut war, dass die Bienen auf diesem Weg zwar ans Futter gelangen, aber nicht heraus können.“ Nachdem nichts passiert ist, hat Ferdl die hungrigen Bienen alle paar Tage gefüttert und ist dabei immer mutiger geworden. Heute trägt Ferdl bei der Fütterung schon lange keine Schutzkleidung mehr. Denn mittlerweile weiß er ganz genau, was seine Bienen zulassen und was nicht.
Ein Produkt, das von der Natur abhängt
Honig ist ein zu 100 Prozent von der Natur abhängiges Produkt, zu dessen Gelingen viele Faktoren zur richtigen Zeit stimmen müssen. Das Wetter und ausreichend Nahrungsquellen sind nur zwei davon. Am Mangel an diesen kann man auch nicht pauschal der Landwirtschaft die Schuld geben, ist Ferdl überzeugt. Als ehemaliger Landwirt kennt er die Situation von beiden Seiten und weiß, wovon er spricht. „Ausfälle gibt’s immer und hat’s schon immer gegeben. Da kann auch die Landwirtschaft nichts dafür. Zumindest nicht hier in Vorarlberg.“ Der erfahrene Imker vermutet, dass es nirgendwo so viele Bienen gibt wie hier. „Alleine hier in Sulzberg gibt es 700 Bienenvölker – und das bei 1500 Einwohnern.“ Anders sieht es in großen Ackerbaugebieten aus, wo mit Spritzmitteln gearbeitet wird. Das ist natürlich für die Bienen sehr wohl ein Problem. Hierzulande jedoch finden die Bienen genug Futter – wenn es nicht zu trocken ist.
Die Bienen, die Blumen und die Bäume
Wie der Name schon vermuten lässt, sammeln die Bienen für Sutterlüty’s Blütencremehonig je nach Standort Nektar von Blumen und den ersten Baumblüten, etwa von Wiesenschaumkraut, von der Kirsche, vom ersten Löwenzahn und von Birnen- und Apfelblüten. Cremig wird der Honig durch langsames Schleudern über 14 Tage. Waldhonig hingegen machen Bienen aus dem Honigtau jener Läuse, die sich vom Pflanzensaft von Tannen, aber auch von Linden oder Ahorn ernähren. In manchen Jahren ist auch Fichte dabei. Das erkennt man an der etwas rötlicheren Farbe des Honigs. Weil Tannen tiefe Wurzeln bilden, setzt ihnen Trockenheit nicht ganz so zu wie den Blühpflanzen. Dennoch müssen natürlich auch hier die Bedingungen für eine gute Honigtau-Ernte stimmen: Es muss genug Läuse geben, der Pflanzensaft muss das richtige Verhältnis von Eiweiß und Zucker aufweisen, und nicht zuletzt muss auch das Wetter während der Tracht stimmen, also in der kurzen Zeit, in der sich die Bienen auf das Sammeln einer bestimmten Sorte Nektar oder eben Honigtau konzentrieren. Mindestens 14 Tage trocken sollte es sein. Denn der Honigtau soll an der Nadel hängen bleiben, dass die Biene nur hinfliegen und die Tropfen aufsaugen muss.
Man weiß nie genau, was kommt
Mit seiner Erfahrung und seinem Fachwissen kann Ferdl Herburger vieles im Verlauf eines Honigjahres schon früh prognostizieren. Manches allerdings, wie beispielsweise ungewöhnlich lange Trockenphasen, muss auch er nehmen, wie es kommt. Das war für Ferdl auch der Grund, warum er sich für die Imkerei im Nebenerwerb entschieden hat. Auch die Landwirtschaft, die er noch bis vor Kurzem betrieben hat, hat er aufgegeben und ist nun in der Erdbewegung tätig. „Das gibt mir die wirtschaftliche Sicherheit, meine Bienen halten zu können“, erklärt Ferdl. Denn für ihn sind die Bienen mehr als nur Honiglieferanten. „Wenn ich bei den Bienen bin, bin ich komplett eins mit der Natur. Bienen sind ein Barometer für das Wohlbefinden aller. Da ist man direkt am Puls der Erde."

„WENN ICH BEI DEN BIENEN BIN,
BIN ICH KOMPLETT EINS MIT DER NATUR.
BIENEN SIND EIN BAROMETER
FÜR DAS WOHLBEFINDEN ALLER.
DA IST MAN DIREKT AM PULS DER ERDE."
Ferdl Herburger, Wanderimker
Gekürzte Fassung.
Originaltext aus: B’sundrig – das Sutterlüty Magazin, Nr. 84 (10/11 2018)
Text: Carmen Jurkovic-Burtscher
Fotos: Lukas Hämmerle
Comments